Ein Alphabet vom Schreiben und Unterwegssein

FREMDSEIN

Fremdsein und Schreiben befördern einander. So weit war ich gekommen. Dann musste ich das Café verlassen. Weil man mich langsam kennt dort. Weil man mich einbezieht. Ins Gespräch über die Heizung, die streikt. Über die Abstimmung, die auf uns zukommt. Hab mich nicht raushalten können. Jetzt sitze ich hier, im nächsten Café, und versuche mich zu entfernen. Von dem, was ich erlebt habe. Von dem, was hier passiert. Von dem, was ich heute noch tun muss. Ich versuche die Kontrolle über Nähe und Distanz zu halten, die ich brauche, um schreiben zu können. Die mir das Schreiben erst ermöglicht. Durch das Schreiben fühlt sich mein Fremdsein wie selbstgemacht an. Ich weiss nicht mehr, was zuerst da war. 

 

SCHNEE 

Gestern gedacht, dass ich nirgendwo leben möchte, wo es nicht schneit. Rausgeschaut. In das Nachtgestöber. Auf die Kreuzung, die plötzlich Gemälde ist. Breite Spuren von langsam rollenden Pneus, und die dünnen schlingernden Linien der Velos. Spuren von Festbeschuhten und Überraschten. Dazwischen das nicht betretene Weiss. Gestern auf meiner Fensterbank gesessen und das Bedürfnis gehabt, in den Schnee zu schreiben. Professionelle Verformung.

 

Aus: Ein Alphabet vom Schreiben und Unterwegssein, mit Axmed Cabdullahi

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